- Stephen Hawking und der Papst – Würdigung eines großen Kosmologen - 11. April 2018
- Über die objektivierende Perspektive hinaus - 18. Dezember 2012
- Zur Methode und Reichweite der Physik - 28. September 2012
Zur Methode und Reichweite der Physik
Vortrag auf der RSNG-Jahrestagung “Methode und Reichweite der Naturwissenschaften”, 28.-30.09.2012
Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim
Einige Thesen des Vortrags
Der Glaube an eine einheitliche und einfache, mathematisch beschreibbare Grundstruktur der physikalischen Wirklichkeit hat sich bewährt. Man kann begründet vermuten, dass die heutigen physikalischen Theorien nahe an einer vollständigen Beschreibung der grundlegenden Wirklichkeit sind.
Aber: „Wir fühlen, dass, selbst wenn alle wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind.“ (Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus 6.52)
Innenperspektive ist von der physikalischen (empirisch-wissenschaftlichen) Beschreibung (Außenperspektive) kategorial verschieden.
Zwei Perspektiven-Modelle:
- Innen- versus Außenperspektive
- Kontinuum von Perspektiven
– Objektivität und Allgemeinheit in einem Kontinuum mit Subjektivität und Besonderheit
– Intersubjektive Erkenntnis und Wissenschaft gibt es auch in den Perspektiven, die nicht vollständig objektivierbar und verallgemeinerbar sind: hermeneutische Wissenschaften, Psychologie, Philosophie, Religion, Ästhetik, etc.
– Objektivität und Verallgemeinerbarkeit sind nicht die einzigen Ideale der Erkenntnis.
Fazit:
- Erfolg der Physik
– Instrumentalistisch: Erfolg der objektivierenden und verallgemeinernden Methode
– Ontologisch: Blick auf die Wirklichkeit, die Welt? - Kompatibilität mit anderen Perspektiven der Betrachtung
– Subjektivität und Besonderheit nicht als Erkenntnisdefizit, sondern als alternative Form der Erkenntnis
Beiträge der Tagung
Tobias Müller benennt Aspekte, die den Erfolg der Naturwissenschaften bedingen, gleichzeitig aber auch die Reichweite der naturwissenschaftlichen Erklärung einschränken. Danach charakterisieren Naturwissenschaften in ihren Beschreibungen bestimmte Aspekte der Wirklichkeit, die von den jeweiligen Methoden abhängig sind.
Gegenüber einer Auffassung, in der die Lebenswelt als oberflächlich, die Wissenschaft als wesentlicher Zugang zur Wirklichkeit verstanden wird, bringt Hans-Dieter Mutscher den Primat der Lebenswelt zur Geltung.
Mathias Gutmann fragt (anhand der Beispiele "Evolution" und "Genetik") danach, welchen Sitz im Leben die Biologie hat, in welcher Weise man von lebensweltlichen Bestimmungen zu wissenschaftlichen Bestimmungen kommt und welche Konsequenzen dieser Weg für die Geltung wissenschaftlicher Aussagen hat.
Stefan Bauberger ist einerseits fasziniert vom Erfolg der Physik in ihrer objektivierenden und verallgemeinernden Methode. Gleichzeitig weist er aber auf die Kompatibilität mit anderen Perspektiven der Betrachtung hin. Dabei versteht Bauberger Subjektivität und Besonderheit nicht als Erkenntnisdefizit, sondern als alternative Erkenntnisform.
Nach William Grassie muss die neue evolutionäre Kosmologie (die "große Geschichte") frühere religiöse Kosmologien ersetzen. Diese können nach wie vor metaphorisch und metaphysisch interpretiert werden, nicht jedoch buchstäblich als Schilderung realer Ereignisse. In der "Großen Geschichte" findet Grassie phantastische Anknüpfungspunkte für Transzendenz.
Wer, was, wann und wo? Eine wichtige Funktion der RSNG-Jahrestagung besteht im Kennenlernen bestehender und neuer interdisziplinärer Projekte sowie deren Vernetzung. Vor allem Nachwuchswissenschaftler haben Gelegenheit, ihre Vorhaben mit erfahrenen Wissenschaftlern auszutauschen.