Nach dem Philosophen Tobias Müller wird dem Menschen traditionell eine besondere Stellung zugeschrieben, die aber unterschiedlich begründet wird. In der Neuzeit vertiefte sich zunächst der Unterschied zwischen Mensch und Tier, die Evolutionstheorie rückte den Menschen aber wieder näher an Tiere heran. Heute wird die Sonderstellung des Menschen teilweise bezweifelt, da in einem naturalistischen Weltbild alles kausal erklär- und reduzierbar scheint. Müller argumentiert jedoch, dass der Mensch aufgrund seines Denkvermögens und der Fähigkeit zur vernünftigen Selbstbestimmung eine gewisse Freiheit besitzt, die seine Sonderstellung begründet. Auch wenn Tiere Elemente von Selbstbestimmung haben, fehlt ihnen die reflexive Distanz. Der Vortrag plädiert daher für eine Sonderstellung des Menschen ohne Anthropozentrismus.

Ausführliche Zusammenfassung des Vortrags
Sonderstellung des Menschen
Einleitend wird dargelegt, dass dem Menschen in jeder Kultur eine besondere Stellung zugeschrieben wird, sei es in der antiken Philosophie als vernunftbegabtes Wesen, in der jüdisch-christlichen Tradition als Ebenbild Gottes oder im Buddhismus als gut geeignet für die Erlösung. Dies geht oft mit einer ethischen Sonderstellung einher, die dem Menschen besondere Rechte zuspricht. Im Alten Testament findet sich dafür der sogenannte Herrschaftsauftrag, der dem Menschen die Nutzung der Erde samt allen Geschöpfen überträgt. Allerdings ist dieser Text nicht eindeutig, da es auch andere Stellen gibt, die den Menschen gleichberechtigt mit anderen Geschöpfen sehen.
Subjektivitätsphilosophische Spurensuche
In der Neuzeit trug zunächst die Naturwissenschaft dazu bei, den Unterschied zwischen Mensch und Tier zu vertiefen, da die Natur rein mechanistisch beschrieben werden kann, während der Mensch als denkendes Subjekt aufgefasst wird. Bei Descartes findet sich die scharfe Trennung von res cogitans und res extensa. Dies führte teilweise zu grausamem Umgang mit Tieren, die als seelenlose Automaten galten. Erst die Evolutionstheorie rückte den Menschen wieder in einen organischen Zusammenhang mit anderen Lebewesen. Es galt nun, Kontinuität und Diskontinuität neu zu denken. Vertreter der Philosophischen Anthropologie wie Scheler sahen gemeinsame psychische Merkmale, grenzten den Menschen aber durch seine Fähigkeit zum Geist ab.
Sprechen Naturgesetze gegen eine vernünftige Selbstbestimmung?
In jüngerer Zeit wurde die Sonderstellung des Menschen zunehmend infrage gestellt, da in einem naturalistischen Weltbild alles rein kausal erklärbar sei. Es wird die Unterscheidung von phänomenalem Bewusstsein, das allen Lebewesen zukommt, und spezifisch menschlichem Denken eingeführt. Letzteres sei angeblich mit Naturgesetzen unvereinbar. Jedoch beruhen Naturgesetze auf idealisierten Laborbedingungen und determinieren die Welt nicht vollständig. Die wissenschaftliche Experimentalpraxis setzt sogar ein Konzept des freiheitlichen Handelns voraus. Daher lässt sich argumentieren, dass der Mensch aufgrund seines Denkvermögens eine gewisse Freiheit der vernünftigen Selbstbestimmung besitzt, die seine Sonderstellung begründet, ohne extreme Formen des Anthropozentrismus zu rechtfertigen. Auch Tiere haben Formen von Selbstbestimmung, aber nicht die Fähigkeit der distanzierten Reflexion.
(Zusammenfassung von Claude-2, es gilt das gesprochene Wort)
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