Schöpfungsvertrauen in Zeiten der Krisen

von Markus Vogt

Markus Vogt
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„Und siehe, es war sehr gut“ – Schöpfungsvertrauen in Zeiten der Krisen

Dass wir uns in Krisenzeiten befinden, braucht nicht erwähnt zu werden. Viren sind zunächst natürliche Übel, die uns bedrohen. Die Pandemie aber, die daraus erwächst, ist menschengemacht, genau wie der Klimawandel. Beides zeigt uns, wie verletzlich unsere Gesellschaft, wie verletzlich unsere gesamte Biosphäre ist.

Wie können wir bei diesen Bedrohungen die Vision, wie sie in den biblischen Schöpfungstexten ausgedrückt wird mit „und siehe, es war sehr gut“, auch in diesen Krisenzeiten wiedererkennen, als Gabe und Aufgabe?

Der Referent des Abends, Prof. Dr. Markus Vogt, ist davon überzeugt, dass das nur dann erreichbar ist, und dass unsere Zukunftsfähigkeit nur dann eine Chance hat, wenn uns eine radikale Transformation unseres Naturverhältnisses gelingt, dass wir einen „neuen Bund zwischen Mensch und Umwelt“ brauchen, wie Vogt mit den Worten von Papst Benedikt formuliert. Diese Transformation gelte auch für die Theologie und ihr Verständnis von Schöpfung. Wie also kann die Theologie, wie können wir alle dazu beitragen, dass wir heute der Gutheit der Schöpfung vertrauen und für unser Handeln fruchtbar machen können? (Aus der Einführung von Heinz-Hermann Peitz)

      Aus dem Vortrag von Markus Vogt

      Was ich Ihnen darlegen möchte, sind drei Gedanken. Zunächst die Wahrnehmung der Umweltprobleme im Schatten der Krisenrhetorik. Zweitens eine umweltethische Erschließung der biblischen Schöpfungstheologie, drittens der ökologische Dialog als ‘locus theologicus’ für die Gottesfrage. Also zuerst erkenntnistheoretisch, Sie können auch sagen normtheoretischer Zugang, wie aus Fakten Normen werden; zweitens biblisch-hermeneutischer Zugang, also ein bisschen sprachphilosophisch angereichert, und drittens fundamentaltheologisch oder quasi im Schnittfeld zwischen Offenbarungstheologie und Ethik.

      Fazit

      Wie bekommen wir die Kräfte für eine Transformation, für eine große Transformation? Ein neues Verhältnis zur Natur, zur Zukunft, zu globaler Gerechtigkeit? In den existenziellen Erfahrungen der ökologischen Krise stellt sich heute auf vielfältige Weise die Gottesfrage selbst. Denn die Suche nach dem “Was” oder “Wer” in den Gefährdungen von Zukunft heute Rettung und Orientierung zu geben vermag, muss sich hier ganz neu bewähren.

      „Der bis jetzt stumme Kosmos schreit auf und spricht. Es handelt sich darum, dieses Geschrei zu hören, diese Sprache zu verstehen, diese Kosmophanie wahrzunehmen. Diese Kosmophanie ist die heutige Offenbarung, und sie ist die Offenbarung der Kontingenz. Es geht nicht darum aus der Ökologie eine Religion zu machen, sondern die Religion wird ökologisch. Dieser Unterschied ist wichtig.“ (Raimundo Panikkar)

      Das Verhältnis von Gott, Mensch und Natur muss so für die Gegenwart ausbuchstabiert werden, dass die befreiende und Orientierung stiftende Dimension des christlichen Glaubens für heute verständlich und wirksam wird. Es gilt, den Aufschrei der Kreatur, und in diesem Aufschrei den leidenden Christus zu erkennen und Naturerfahrung als möglichen Ort der Gotteserfahrung in den Blick zu nehmen, ohne die Natur dabei unmittelbar zu divinisieren. Ein wegweisender Hintergrund hierfür ist aus meiner Sicht die Prozesstheologie, die die verborgene Gegenwart Gottes inmitten der schöpferischen Prozesse entdeckt – weltverwoben statt in einem vermeintlichen Jenseits der Negation von Raum und Zeit. Die Theologie der Zeichen der Zeit ermöglicht, die Umweltkrise im Anthropozän als religionsproduktive Suchbewegung, als “locus theologicus” zu entziffern.