Joseph Ratzinger, 1927 in Marktl am Inn geboren, war Professor für katholische Theologie in Freising, Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. 1977 wurde er Erzbischof von München und Freising, seit 1981 war Kardinal Ratzinger Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, seit 2002 Dekan des Kardinalskollegiums. Am 19. April 2005 wurde er vom Konklave in Rom zum Papst gewählt. Er gab sich den Namen Benedikt XVI. Nun ist Ratzinger im Alter von 95 Jahren gestorben.
Der brillante Denker hat – auch in seiner Entwicklung vom Reformer zum konservativen Theologen – in vielerlei Hinsicht polarisiert oder aber auch Missverständnisse hervorgerufen. Dazu zählt auch seine Stellung zu den Naturwissenschaften, nicht zuletzt weil in diesem Dialog ein denkerisches Hauptanliegen Ratzingers, die Beziehung von Glaube und Vernunft, mitschwingt. Es zeigt sich dabei, dass das polemische Etikett “Benedikt contra Darwin” (Alan Posener) in die Irre führt. Benedikt selbst hat hier eine Differenzierungsarbeit geleistet, die an dieser Stelle gewürdigt werden soll.
Im Kontext und unter Beteiligung des damaligen Papstes fanden einige Konferenzen zum Dialog mit den Naturwissenschaften statt, auf denen auch die Stellung Benedikts deutlich wurde. Exemplarisch haben wir entscheidende Dokumente zusammen gestellt. Besondere Erwähnung verdient hier die Papst-Tagung im Jahr 2006 zum Thema “Schöpfung und Evolution”, ausführlich dokumentiert in einem Tagungsband (siehe Rezension), und auf einer Akademieveranstaltung reflektiert.
“Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes.” (Benedikt XVI., Predigt zur Amtseinführung)
Texte von und über Benedikt
Die Internationale Theologenkommission hat unter dem Pontifikat Johannes Pauls II. und approbiert durch Joseph Kardinal Ratzinger (später Benedikt XVI.) ein bedeutsames Orientierungspapier verfasst, das nicht nur die Vereinbarkeit von Urknall- und Evolutionstheorie mit der katholischen Schöpfungslehre (auch mit der unmittelbaren Erschaffung der menschlichen Seele) darlegt, sondern auch die Vereinbarkeit mit dem Zufall.
In den aktuellen Streit um die Evolutionstheorie hat sich nun auch der Papst eingeschaltet. Evolutionsbiologe Josef Reichholf verteidigt die Wissenschaft.
Unter der Überschrift „Benedikt contra Galilei und Darwin“ (149-192) etikettiert Alan Posener den Papst als klaren Gegner der Evolutionstheorie und Intelligent-Design-Protagonisten.
Heinz-Hermann Peitz, 31.12.2022