Zwischen Erkenntnis und Verantwortung:
Zur Genese des Fachbereichs
„Naturwissenschaft und Theologie“

Der Fachbereich, gegründet als Fachbereich Naturwissenschaft und Theologie,  der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist aus dem Anliegen entstanden, zentrale Zukunftsfragen unserer Zeit im Spannungsfeld von Glaube, Wissenschaft und gesellschaftlicher Verantwortung zu verhandeln. Seine Geschichte ist geprägt vom Wunsch, wissenschaftlichen Fortschritt nicht konfrontativ und isoliert, sondern im Dialog mit ethischen und theologischen Perspektiven zu reflektieren.

Ursprung im Dialog

Die Wurzeln des Fachbereichs liegen in verschiedenen Veranstaltungsreihen und interdisziplinären Initiativen der Akademie, die sich bereits früh mit Fragen an der Schnittstelle von Naturwissenschaft und Weltanschauung auseinandersetzten. Themen wie «neuer Atheismus», Gentechnik, Klimawandel, Digitalisierung oder künstliche Intelligenz rückten zunehmend in den Fokus – und damit auch die ethischen und spirituellen Dimensionen dieser Entwicklungen.

Institutionalisierung und Profilbildung

Aus einzelnen Tagungen und Kooperationen entstand schrittweise der Bedarf nach einem strukturierten Rahmen für diesen Dialog. Der Fachbereich wurde als eigenständiger thematischer Schwerpunkt innerhalb der Akademiearbeit etabliert – mit dem Ziel, naturwissenschaftliche Entwicklungen theologisch zu deuten und ethisch zu begleiten.

Heute: Ein Ort für offene Diskurse

Heute versteht sich der Fachbereich als Plattform für Diskurs und Orientierung: Er bringt Expert*innen aus Naturwissenschaft, Theologie, Medizin, Technik und Philosophie zusammen und lädt zur Auseinandersetzung mit den drängenden Fragen unserer Zeit ein – im Geist der Aufklärung, im Respekt vor der Komplexität und im Bewusstsein für die Verantwortung gegenüber Mensch und Schöpfung.

Rückblick und Einordnung – Ein Kommentar von Heinz Hermann Peitz

1993 schuf Dr. Gebhard Fürst, damals Akademiedirektor, eine Stelle, die den Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie fördern sollte. Unter der Leitidee „Vom Gegeneinander zum Miteinander“ wollte Dr. Heinz-Hermann Peitz die Vereinbarkeit beider Bereiche kommunizieren – dem damals aufkeimenden, naturwissenschaftlich grundierten „Neuen Atheismus“ zum Trotz. Vor diesem Konflikthintergrund Gesprächsmöglichkeiten anzubieten, war eine spannende und spannungsreiche Aufgabe. Erleichtert wurde dies durch eine Initiative des Metanexus Institutes in Philadelphia, die interdisziplinäre Gesprächsgruppen weltweit förderte, ohne diese inhaltlich zu bevormunden. Auch in Deutschland konnte damit die Zahl solcher Gruppen von 3 auf 25 erhöht und dem Miteinander von Naturwissenschaft und Theologie ein nachhaltiger Schub verliehen werden. Der neue Atheismus ist inzwischen verstummt und mit ihm die Frontlinie zu den Naturwissenschaften aufgeweicht. Jenseits solcher Konflikte ist nun eine Bühne bereitet für das Eigentliche der Schöpfungserzählungen, nämlich ihre befreiungstheologische Utopie einer menschenwürdigen Welt. Auf dieser Bühne werden nun neue Dramen stattfinden, bei denen auch die Theologie eine Rolle spielen kann. Wird sie dazu beitragen, das aktive Eingreifen in die Evolution Richtung technisch optimierter Wesen oder künstlicher Superintelligenz mit ihrem christlichen Menschen- und Weltverständnis zu bereichern, ohne technikskeptische Spielverderberin zu sein? Der Vorhang ist bereits geöffnet für den Stellennachfolger, Fabian Jaskolla!

Ein Rückblick: Forum Grenzfragen im Laufe der Jahre

1993

Gründung des Fachbereichs Naturwissenschaft und Theologie

Dr. Gebhard Fürst, damals Akademiedirektor, schuf eine Stelle, die in der Akademienlandschaft einzigartig war: Sie sollte den Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie fördern. Heinz-Hermann Peitz entwickelte diese Stelle unter der Leitidee „Vom Gegeneinander zum Miteinander“ lebendig werden zu lassen.

2000

Ak Forum Grenzfragen gründet sich

Als Platform dieser interdisziplinären Auseinandersetzungen wurde der Arbeitskreis "Forum Grenzfragen" gegründet.

2004

forum-grenzfragend als LSI Gruppe

Würdigung der internationalen Vernetzung des Fachbereichs war die Auszeichnung des Metanexus Instituts für das Forum Grenzfragen im Jahr 2004: "In recognition of forum boundary questions for organizational excellence, creative programming, and spirited commitment to fostering the constructive Engagement of Science and Religion."

2005

Das Religion and Science Network Germany gründet sich als Plattform für die im Dialog Naturwissenschaft – Philosophie – Religion engagierten Gruppen und Individuen.

2009

Darwin und seine Evolutionstheorie sind zentral für den Fachbereich und zugleich zentrale Herausforderungen für einen konstruktiven Dialog zwischen Religionen und Naturwissenschaften. Im Darwin Jahr widmete sich die RSNG Tagung diesem Thema - ganz im Sinne der Leitidee "vom Gegeneinander zum Miteinander".

2015

Bei der Jubiläumstagung des RSNG widmete sich dem Thema "Zeit". Der Zusammenhang von ‚objektiven‘ Zeitkonzepten und ‚subjektiven‘ Zeiterfahrungen gehört immer noch zu den zentralen philosophischen Problemen. Dabei ist das Zeitthema paradigmatisch für das Verhältnis von Wissenschaft und Lebenswelt, auf die sich ihrerseits auch Religion bezieht.

2019

Erstmals sollen gentechnisch veränderte Babys geboren worden sein. Die medial inszenierte Bekanntgabe des chinesischen Forschers He Jiankui hat weltweit Aufmerksamkeit und Empörung hervorgerufen. Ist damit die Tür zur Menschenzüchtung geöffnet? In diesem Rahmen kamen Prof. Dr. Toni Cathomen und Bischof Dr. Gebhard Fürst zum Gespräch zusammen.

2020

Die Corona-Krise wirkt wie ein Brennglas auf die Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion: Das Forum Grenzfragen bringt globale Perspektiven auf die Pandemie zusammen.

2024

Nach über dreißig Jahren auf der Stelle tritt Heinz-Hermann Peitz in den Ruhestand, mit Fabian Jaskolla tritt ein Sozialethiker seine Nachfolge an.

Mit dem Wechsel der Fachbereichsleitung rückt
die Ethik in den Vordergrund und ergänzt der Titel zu „Ethik – Naturwissenschaft – Theologie»

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