- Galilei und die Kirche - 17. Mai 2013
- Die verborgene Anwesenheit Galileis beim Zweiten Vatikanischen Konzil - 5. Mai 2012

International Chavara Cancer Research Institute
2011
545
Basis des neuen Werkes ist Chandrankunnels Sabbatical 2007, in dem er unter dem Mentorat von Owen Jay Gingerich, Professor für Astronomie und Wissenschaftsgeschichte an der Harvard University, Quellenarbeit und Forschung betreiben kann. Schon rein äußerlich sieht man dem Band den Erkenntniszuwachs an: Die 545 Seiten erweisen sich als ausführliche Fundstelle gut recherchierter Quellen. So dürfte beispielsweise nicht jedem bekannt sein, wie das Zweite Vatikanische Konzil darum gerungen hat, Galilei zu rehabilitieren – und darin weitgehend gescheitert ist. Das Kapitel “Die verborgene Anwesenheit Galileis auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil” hält diese Episode fest. Solche und andere Perlen lassen sich über den ausführlichen Index finden.
Von der Form zum Inhalt, den der Autor in einem Interview über seine Erkenntnisse und Einschätzungen zum ‘Fall Galilei’ selbst zu Gehör bringen kann:
Schon in der kürzeren Ausgabe von 2004 wird Chandrankunnels Positionierung deutlich: “Galileo ist ein bleibendes Symbol für den Kampf zwischen Mittelalter und Moderne, zwischen Wissenschaft und Religion oder intellektueller Freiheit und institutioneller Autorität.” (S. 1) Diese Darstellung im Modell des Konflikts und die eindeutige Etikettierung Galileis als Opfer und der Kirche als Täter findet nicht bei allen Autoren Zustimmung. Manfred Lütz spricht gar von einer “Riesenente” und dem “größten Mediencoup aller Zeiten” (in: Gott, 140). Eine derart medial vermittelte Volksmeinung
habe es denn auch in das “Lexikon der populären Irrtümer” geschafft – analysiert der protestantische Theologe Andreas Losch in seiner Dissertation
“Jenseits der Konflikte” (Göttingen 2011, 29). Die Stilisierung Galileis als Märtyrer gehe maßgeblich auf damalige Bestseller (John William Draper und Andrew Dickson White) zurück und werde freilich gern von heutigen populären Publikationen (Stichworte sind hier Richard Dawkins oder der Spiegel) aufrecht erhalten. Die akribische Arbeit Chandrankunnels scheint zu belegen, dass diese Sicht nicht nur populistische Verzerrung ist. Auf den ersten Blick bleibt jedoch der paradoxe Eindruck, dass der katholische Chandrankunnel bei aller Differenzierung mehr Partei für Galilei ergreift und der evangelische Theologe Losch die Kriegsmetaphern und Konfliktparadigmata zugunsten der katholischen Kirche kritisch hinterfragt. Chandrankunnel ist in dieser Konstellation jedenfalls über einen Vorwurf konfessionell-parteilicher Voreigenommenheit erhaben.
Eine gute Zusammenfassung des Buches von 2004 hält das Metanexus-Institut bereit.
Heinz-Hermann Peitz
Siehe auch die Übersetzung einer Passage zu: Galilei und das Zweite Vatikanische Konzil