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Es gab eine starke Bewegung, Galilei während des Zweiten Vatikanischen Konzils zu rehabilitieren. Am Ende einer erhitzten Debatte wurde ein Kompromiss errungen, der in den endgültigen Text einging.
März 1964 richtete der französische Dominikaner Dominique Dubarle einen von vielen Wissenschaftlern und Akademikern unterstützten Antrag an den Papst, Galilei feierlich zu rehabilitieren. Der Papst leitete den Antrag weiter an die Inquisition, die zurückmeldete, sie sei in dieser Angelegenheit bereits tätig, indem sie das Galilei-Buch von Pio Paschini publizierten.
Viele Konzilsväter wie Kardinal Suenens, oder der Bischof von Namur, André Charue, baten den Papst, Galilei zu rehabilitieren und seine Verurteilung als Fehler anzuerkennen. Der Weihbischof von Straßburg, Arthur Elchinger, brachte ein, dass die Verurteilung Galileis zu einem Symbol tragischen Unverständnisses geworden sei, auf das die Kirche bei den Naturwissenschaftlern stoße, und eine Rehabilitierung Galileis könne die Kirche den Wissenschaftlern wieder näher bringen. Er fuhr fort, dass „die Rehabilitierung Galileos auf Seiten der Kirche ein beredter Akt wäre, wenn er bescheiden aber korrekt vorgetragen würde. Solch eine Entscheidung, erlassen von der höchsten Autorität der Kirche, würde der Kirche hoch angerechnet werden; schließlich gewänne sie mit einer solchen Maßnahme das Vertrauen der zeitgenössischen Welt zurück und leiste einen großen Beitrag zu einer humanen Kultur“. Aufgrund dieser Bestrebungen wurde am 11. Februar 1965 eine Erwähnung der Verurteilung Galileis im Vorentwurf eines Komiteeberichts eingearbeitet, der zur Genehmigung durch das Konzil vorbereitet wurde:
„Es mag uns erlaubt sein, bestimmte Geisteshaltungen zu verurteilen, die einer gesunden wissenschaftlichen Forschung unangemessen sind, und die sich in den vergangenen Jahrhunderten wohl auch innerhalb der Kirche gezeigt haben. Diese Geisteshaltungen waren Anlass zu Disputen und Kontroversen und endeten für viele in einem Widerspruch zwischen Wissenschaft und Glauben – zu ernsthaftestem Schaden für beide. Auf der anderen Seite sind diese Fehler aus der damaligen Zeit heraus leicht zu verstehen und waren nicht auf Katholiken beschränkt, sofern ähnliche Haltungen auch in anderen Religionen vorkamen. Dennoch ist es notwendig, angesichts menschlicher Schwäche unser Bestes zu tun, dass sich solche Fehler, zum Beispiel die Verurteilung Galileos, nie wiederholen“.
Der Text wurde am 1. April während einer allgemeinen Sitzung diskutiert. Einige Konzilsväter erhoben vehementen Einspruch gegen die direkte Erwähnung Galileis, und einige andere baten um Beratung durch Experten. Am Ende der erhitzten Debatte wurde ein Kompromiss errungen – ohne direkte Erwähnung Galileis, aber mit dem Hinweis auf das publizierte Werk Paschinis. Pietro Parente, Assessor des Heiligen Offiziums, legte als Vorsitzender gegen die direkte Erwähnung Galileis ein Veto ein. Er lehnte jede Erwähnung Galilies ab, indem er andeutete: „Galilei – unangebracht, darüber in diesem Dokument zu sprechen. Lass uns doch nicht die Kirche zwingen zu sagen: Ich habe einen Fehler gemacht. Die Angelegenheit sollte im Kontext der damaligen Zeit beurteilt werden. In Paschinis Werk ist alles im rechten Licht gesagt“. So wurde eine Kompromissformulierung ausgearbeitet und am 7. Dezember 1965 in die Konstitution Gaudium et Spes inkorporiert:
„Deshalb sind gewisse Geisteshaltungen, die einst auch unter Christen wegen eines unzulänglichen Verständnisses für die legitime Autonomie der Wissenschaft vorkamen, zu bedauern. Durch die dadurch entfachten Streitigkeiten und Auseinandersetzungen schufen sie in der Mentalität vieler die Überzeugung von einem Widerspruch zwischen Glauben und Wissenschaft.“ [GS Nr. 36; HHP]
Die Erwähnung von Paschinis Werk wurde in einer Fußnote vorgenommen. Der Schüler und Biograf Paschinis, M. Maccarone, interpretierte die Einführung von Paschinis Werk in einer Fußnote als Rehabilitierung und Triumph Paschinis und bemerkte, dass dies der beste Tribut war, den man Galilei zu zollen in der Lage war – eher, als ihn zu rehabilitieren.
Quelle
Auszug aus: M. Chandrankunnel, Ascent to Truth : The Physics, Philosophy and Religion of Galileo Galilei, Chavara Cancer Research Institute 2011, 347f., übersetzt von Heinz-Hermann Peitz. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors.