- Die Zeit der Gegenwart als Kränkung theologischer Zeitdispositive? - 27. September 2015
Vortrag von Prof. Dr. Michael Schüßler bei der Tagung „Zeit in Lebenswelt, Wissenschaft und Religion“ (Jahreskongress 2015 des Religion and Science Network Germany), 27.-29. September 2015, Tagungszentrum Stuttgart-Hohenheim.
Michael Schüßler beschreibt die Kultur- und Christentumsgeschichte als Abfolge dreier Erlebnisweisen von Zeit (Zeitdispositive). Zunächst sei das mythische Ewigkeitsdispositiv im Laufe der Moderne durch ein Dispositiv der Geschichte ersetzt worden, nämlich “das vertikalen Oben-Unten des theologischen Stockwerkdenkens durch das horizontal-gekippte Anfang-Ende geschichtlicher Theologie” (Vortrag 24:00 min). Aber auch dieses Zeitdispositiv habe sich aufgelöst zugunsten eines Ereignisdispositiv, der “ereignisbasierten Verzeitlichung von Leben und Welt in der Gegenwart” (25:13). Im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichen Zeitkonzepten könne man nach dem (Über)Leben in einer Welt unbestimmbarer Ereignisse fragen.
Vortrag
Arens, Edmund (Hg.) Zeit denken. Eschatologie im interdisziplinären Diskurs, Freiburg/Brsg. 2010.
Assmann, Aleida, Ist die Zeit aus den Fugen? Aufstieg und Fall des Zeitregimes der Moderne, München 2013.
Konersmann, Ralf, Die Unruhe der Welt, Frankfurt/M. 2015.
Lindley, David, Die Unbestimmbarkeit der Welt. Heisenberg und der Kampf um die Seele der Physik, München 2007.
Mainzer, Klaus, Zeit. Von der Urzeit zur Computerzeit, München 2005.
Rosa, Hartmut, Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt/M. 2005.
Schüßler, Michael, Mit Gott neu beginnen. Die Zeitdimension von Theologie und Pastoral in ereignisbasierter Gesellschaft, Stuttgart 2013.
Ausgewählte Beiträge der Tagung
Heinz-Hermann Peitz (Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart) und Tobias Müller (Hochschule für Philosophie München) eröffnen die Tagung "Zeit in Lebenswelt, Wissenschaft und Religion" (Jahreskongress 2015 des Religion and Science Network Germany)
Das tiefste Geheimnis der Physik ist in der Tat: Die Physik ist zeitsymmetrisch, die Natur ist es nicht. Lösung liegt in den Rand- und Anfangsbedingungen.
Ausgangspunkt ist die Vorstellung eines 4-dimensionalen sog. Blockuniversums, Grössl selbst argumentiert jedoch für einen 3-Dimensionalismus mit offener Zukunft, weil weder menschliche Willensfreiheit noch die Personalität und Freiheit Gottes mit einem Blockuniversum vereinbar sind.
Zeit ist neben Raum und Leben ein Fundament des Wirklichen. Zeit ist das Beständige, das Sein der Welt, obwohl Zeit auch die Welt als vergänglich, als flüchtig charakterisiert. Zeit ist logisch widersprüchlich, aber dennoch real.
Herkömmliche Zeitdispositive haben sich aufgelöst zugunsten eines Ereignisdispositiv, der "ereignisbasierten Verzeitlichung von Leben und Welt in der Gegenwart".
Die Ähnlichkeit von theologischen und naturwissenschaftlichen Zeitvorstellungen liegt im Übergang von Möglichkeit zur Wirklichkeit. Unterschiede liegen in der Art des Möglichkeitshorizonts.